Caritas-Präsidentin fordert Entlastung

Der Deutsche Caritasverband fordert, dass den Mitte Dezember veröffentlichten, teilweise sehr allgemein gehaltenen Eckpunkten des „Zukunftspakt Pflege“ unverzüglich konkrete Gesetzgebungsschritte zu den drängenden Fragen der Versorgungssicherheit und Finanzierung folgen. Dabei müsse die Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöriger Priorität haben, teilte der Verband in Berlin mit. In Deutschland werden mehr als 80 Prozent aller Pflegebedürftigen in der eigenen Wohnung gepflegt. In drei von vier Familien wird die Pflege der Angehörigen ohne Unterstützung durch einen Pflegedienst geleistet. Die professionelle Primärversorgung für pflegebedürftige Menschen ist gerade im ländlichen Raum vielerorts lückenhaft.
Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa: „Pflegende Angehörige stehen unter einem erheblichen Druck und brauchen politische Unterstützung.“ Damit die häusliche Pflege langfristig leistbar bleibt, sollten Entlastungsleistungen als flexibel und individuell gestaltbare Budgets geschnürt werden. Hürden für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssten schon bei der Antragstellung abgebaut werden, etwa durch barrierearme digitale Zugänge. „Aktuelle Zahlen zeigen, dass jährlich fast 5 Mrd. Euro aus der Pflegeversicherung in die Rentenversicherung fließen, um die notwendige Anerkennung der familiären Pflege für die Alterssicherung zu gewährleisten. Es ist dringend notwendig, diese Summe aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Ein Bundeszuschuss in dieser Höhe würde den dringend nötigen Mindestpuffer schaffen, um die Pflegeversicherung für die demographischen Herausforderungen der nächsten Jahre zu stabilisieren“, so Welskop-Deffaa weiter.
Der Deutsche Caritasverband verweist auf die Bedeutung einer modernen hybriden Pflegeberatung, die digital und analog gleichermaßen erreichbar ist. Der Caritasverband setzt mit innovativen Angeboten vor Ort da an, wo die Entlastung als Entlastung im Alltag zu lernen ist. „Besonders praxistauglich sind aus unserer Sicht Pflegeübungszentren. Hier werden pflegende Angehörige gemeinsam mit den Pflegebedürftigen in Echtzeit an den Pflegealltag herangeführt – an einen Alltag, der von Zeitnot und Fremdbestimmung geprägt ist. Vorbereitet auch auf Akut- und Notfälle, geschult für die alltägliche Pflege in Tagesrandzeiten und ausgestattet mit Telefonnummern von Unterstützungspartnern kehren die Familien in die eigene Häuslichkeit zurück, deren Anforderung sich nach dem Training deutlich einfacher bewältigen lässt.
„Pflegekräfte sind die Präventionsexperten par excellence“, so Welskop-Deffaa. Es werde höchste Zeit, dass ihre Kompetenz sich auch im Leistungsrecht niederschlage. Zudem müsse die Kurzzeitpflege systematisch rehabilitativ ausgestaltet werden. Die Angebote von mobil zugehender Reha in der eigenen Häuslichkeit gilt es zu stärken und anzubauen.“
Der Caritasverband für die Stadt Essen schließt sich der Forderung an!
Pflegende Angehörigen stehen unter einem enormen zeitlichen, emotionalen und häufig auch finanziellen Druck und benötigen eine umfangreiche sowohl informative als auch praktische Unterstützung. Mit unseren Kontaktbüros Pflegeselbsthilfe (KoPS), die durch die Landesregierung NRW und die Pflegekassen gefördert werden, unterstützen wir Angehörige durch die Information über bestehende Pflegeselbsthilfeangebote, beraten Gruppen in ihrer Arbeit und begleiten bei der Gründung von neuen Selbsthilfeangeboten.
In diesen Gruppen für pflegende Angehörige zeigt sich immer wieder, wie viel Unwissen in Bezug auf Unterstützungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen herrscht. Viele der zustehenden Leistungen werden z.B. nicht abgerufen (obwohl sie benötigt wären), wichtige Anlaufstellen und organisatorische Abläufe sind nicht bekannt. Durch eine hybride und zeitlich flexible Pflegeberatung (auch spät nachmittags oder am Wochenende, insbesondere für Berufstätige) könnten viele der Wissenslücken geschlossen werden. Aufgrund der knappen Zeit haben pflegende Angehörige häufig keine Ressourcen, um lange nach bestimmten Leistungen oder Anlaufstellen zu suchen; sie können nicht vorausschauend agieren, sondern reagieren nur. Wären sie besser informiert, könnten sie durch die vorhandenen Entlastungen viele Angelegenheiten besser regeln. Für viele ist die aktuelle Situation ein Teufelskreis.
Die von Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa genannten flexiblen Budgets wären hilfreich, der Mittelabruf müsste schnell und unkompliziert sein. Aktuell klagen viele Angehörige über aufwändige Anträge. Pflegende Angehörige müssen häufig mehrere Institutionen aufsuchen, um bestimmte Sachen für den Pflegealltag zu regeln. Wünschenswert wäre eine umfassende Pflegeberatung , unter einem Dach und aus einem Guss' die ein mehrfaches Stellen von Anträgen reduziert und ein möglichst breites Beratungsspektrum abdeckt. Reha zu Hause wäre in vielen Fällen eine große Erleichterung. Bei vielen Betroffenen sind die Fahrten mit einer komplizierten Organisation verbunden (z.B. zeitliche Koordination bei Menschen mit Demenz).
Viele Angehörige pflegen alleine. Insbesondere diese Gruppe benötigt Unterstützung wie Kurzzeitpflege, unkomplizierte Entlastungen für zu Hause (z.B. Betreuung für ein paar Stunden). Weil die Angehörigen wenig Zeit und Flexibilität haben, müsste der Aufwand, Informationen zu beschaffen oder Angelegenheit zu regeln, auf ein Minimum reduziert werden.